Erhaltungsgrade von Münzen

Je besser der Zustand einer Münze, desto wertvoller ist sie für den Münzsammler. Der Erhaltungsgrad der Münze ist für die Bewertung von erheblicher Bedeutung. So kommt es vor, dass zwei Münzen, die im Grunde genommen identisch sind und sich nur vom Erhaltungsgrad her unterscheiden, Preisunterschiede von mehreren tausend Euro aufweisen.

Besonders auffallend ist dies bei Münzen aus dem Kaiserreich. Das 2 Mark-Stück, Jäger Nummer 66, Ludwig III. Großherzog von Hessen ist im Erhaltungsgrad „schön“ unter Umständen schon für 100 Euro zu haben, während beispielsweise ein Stück in der Erhaltung „vorzüglich“ für mehr als 5.000 Euro bei einer Auktion zugeschlagen wurde.

Deutsch Englisch Beschreibung
Polierte Platte (PP) Proof (PR) Münze höchster Prägequalität, besonderes Herstellungsverfahren, polierte Stempel, polierte Ronden
Spiegelglanz (SPGL) Proof like (PL) wie PP, jedoch keine polierten Ronden
Stempelglanz (STGL) brillant uncirculated (bu) prägefrische unzirkulierte Münze ohne Fehler
unzirkuliert (unz) uncirculated (unc) prägefrische Münze, die noch nie in Umlauf war, geringfügige Bereibungsspuren akzeptabel
vorzüglich (vzgl) extremely fine (ef) Münze, die nur kurze Zeit im Umlauf war, geringfügige kleine Kratzer, minimale Abnutzung
sehr schön (ss) very fine (vf) Umlaufspuren deutlich erkennbar, feine Details abgenutzt,
schön (s) fine (f) Münze eindeutig bestimmbar, Details teilweise abgenutzt
seht gut erhalten (sge) Very good (vg) stumpfes Münzbild, Konturen und Umschriften erhalten
gering erhalten (ge) poor (po) Münzbild verloren, Münze kann nicht mehr zugeordnet werden

Die Erhaltung einer Münze ist grundsätzlich immer von erheblicher Bedeutung. Dies hat dazu geführt, dass schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts Bewertungsskalen erstellt wurden. Anfangs wurden die Münzen nur in wenige Kategorien eingeteilt. Heute gibt es eine Vielzahl von Bewertungsstufen. Sie reichen von „gering erhalten“ bis hin zur Prägequalität „Polierte Platte“. Dazwischen liegen, je nach Bewertungsskala, 10 bis 15 weitere Stufen.

Selbst bei professionellen Sammlern gehen die Meinungen häufig auseinander, wenn es um die Beurteilung und Bewertung von Münzen geht. Die nachfolgenden Informationen zu den verschiedenen Erhaltungsgraden sollen dem Sammler helfen, Münzen richtig einzustufen.

Kurt Jäger (1909 - 1975), deutscher Numismatiker und Autor des führenden Münzkatalogs für Deutsche Münzen des 19. und 20. Jahrhunderts, hat in seinen Ausgaben stets auf die Bedeutung der Erhaltung der Münzen hingewiesen und die Bewertungskriterien entsprechend ausgearbeitet. An seinen Ausführungen zur Bewertung von Münzen orientieren sich die Mehrzahl der Münzsammler. Heute sind folgende Bewertungskriterien Standard:

Polierte Platte (PP)

Münze von höchster Prägequalität. Zur Herstellung dieser Münzen werden ausschließlich polierte Münzrohlinge verwendet. Die Prägewerkzeuge werden vor jedem Abschlag speziell bearbeitet. Die Prägestempel werden in verhältnismäßig kurzen Abständen gewechselt, um gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Die Münzen werden in der Regel von Hand dem Prägewerkzeug entnommen und anschließend geschützt verpackt.

Die Münzen dürfen keinerlei Beschädigungen aufweisen. Sie werden ausschließlich für Sammler hergestellt. Ein Erkennungsmerkmal der Münze ist das spiegelnde Feld, während Erhebungen der Münze (Relief) matt erscheinen. Genau genommen handelt es sich bei dem Begriff polierte Platte nicht um einen Erhaltungsgrad, sondern um ein Herstellungsverfahren.

Spiegelglanz (SPGL)

Im Wesentlichen entspricht das Prägeverfahren dem der polierten Platte. Im Gegensatz zu den Münzen mit der Prägequalität polierte Platte, werden keine polierten Rohlinge verwendet. Die Münzen weisen eine gleichmäßig glänzende Oberfläche auf. Unmittelbar nach der Prägung werden die Münzen geschützt verpackt. Während der professionelle Münzsammler sehr wohl zwischen polierter Platte und Spiegelglanz Münzen differenziert, ist dieses Unterscheidungsmerkmal für viele Münzsammler nicht von großer Bedeutung. Fälschlicherweise wird in manchen Bewertungskatalogen der Begriff PP im Zusammenhang mit Spiegelglanzmünzen gebraucht.

handgehoben (hdg)

Nur in einigen europäischen Ländern (Österreich) gebräuchliche Erhaltungsangabe für Münzen. Es handelt sich um Münzen, die im Rahmen der Prägung so behandelt werden, dass Beschädigungen jeglicher Art vermieden werden. Sie werden unmittelbar nach der Prägung einzeln verpackt. Die Qualität ist durchaus vergleichbar mit Münzen der Kategorie Spiegelglanz.

Stempelglanz (ST)

Anders als bei der Herstellung von polierten Platten oder Spiegelglanzmünzen, werden diese Münzen rein maschinell hergestellt. Diese Münzen zeigen den typisch metallischen Glanz einer ungebrauchten Münze. Die Münze darf mit bloßem Auge keine sichtbaren Fehler oder Gebrauchsspuren aufweisen. Die heutigen Gedenkmünzen werden, obwohl dies wegen der Prägequalität nicht immer gerechtfertigt ist, mit diesem Erhaltungsgrad angeboten. Die Münzen werden im Rahmen der Produktion vom Prägeautomaten aus in Container geschüttet. Während dieses Vorgangs können sie geringfügig beschädigt werden (kleine Kratzer, Dellen) und müssten korrekterweise mit dem folgenden Erhaltungsgrad unzirkuliert oder prägefrisch bezeichnet werden.

unzirkuliert – prägefrisch (unz)

Es handelt sich um Münzen, die wie der Name schon sagt, unzirkuliert sind. Sie dürfen noch nicht im Umlauf gewesen sein und außer kleinen Kratzern, die im Rahmen der Herstellung entstehen können, keine Beschädigungen oder Gebrauchsspuren aufweisen. Die Münzen zeichnen sich durch einen metallischen Glanz aus. Sie können deshalb leicht unterschieden werden zu Münzen, die sich bereits im Umlauf befunden und im Gegensatz zu prägefrischen Münzen ihren anfänglichen Glanz verloren haben. Neben dem Begriff unzirkuliert und prägefrisch wird für diese Münzen auch häufig die Bezeichnung bankfrisch verwendet.

vorzüglich (vzgl)

Es handelt sich in der Regel um Münzen, die sich nur eine verhältnismäßig kurze Zeit im Umlauf befunden haben. Die Münzen dürfen nur geringe Gebrauchsspuren aufweisen. Während bei neueren Münzen der Prägeglanz in vertieften Stellen noch vorhanden sein kann, ist dieser bei älteren Münzen verschwunden. Die Münzen dürfen keine größeren Beschädigung aufweisen. Kleinste Kratzer oder geringe Gebrauchsspuren werden akzeptiert. Details der Münze müssen einwandfrei erkennbar sein; das Relief muss makellos sein.

sehr schön (ss)

Es handelt sich um Münzen, die bereits längere Zeit im Umlauf waren und dementsprechende Gebrauchsspuren aufweisen. Die Münzen weisen sichtbare Abnutzungsspuren auf. Kratzer und auch kleinere Randbeschädigungen sind die Regel. Das Relief muss klar erkennbar sein, darf aber kleine Verletzungen aufweisen. Feine Details sind leicht abgenutzt, während die größeren Elemente klar erkennbar sein müssen.

Moderne Münzen mit diesem Erhaltungsgrad sind in der Regel nur sammelwürdig, wenn sie selten sind. Anders ist es bei älteren und antiken Münzen, die häufig in geringen Auflagen vorkommen.

schön (s)

Münzen dieses Erhaltungsgrads weisen deutliche Abnutzungsspuren auf. Details der Münze müssen aber noch so gut erkennbar sein, dass die Münze eindeutig bestimmt werden kann. Konturen und Inschriften müssen erhalten sein. Das Münzzeichen sollte erkennbar sein.

Münzen dieser Erhaltungsstufe, die nach dem I. Weltkrieg geprägt wurden, sind in dieser Erhaltungsstufe, mit Ausnahme einiger weniger rarer Stücke, nicht sammelwürdig.

sehr gut erhalten (sge)

Es handelt sich um Münzen, deren Details durch Abnutzung nur noch zum Teil sichtbar sind. Diese Bezeichnung wir unter heutigen Sammlern nur noch selten verwendet. Wörtlich genommen ist dieser Begriff inhaltlich falsch; Münzen dieser Erhaltungsstufe hätten eher die Bezeichnung schlecht erhalten verdient.

gering erhalten (ge)

Münzen dieser Erhaltungsstufe sind häufig nicht mehr zu identifizieren. Sie können, weil das Münzbild nicht mehr erkennbar ist, nicht mehr zugeordnet werden. Bei modernen Münzen ist dieser Erhaltungsgrad nicht mehr sammelwürdig. Wertsteigerungen sind nicht zu erwarten.

Weitere Differenzierungen zu den Erhaltungsgraden

Einige Bewertungskataloge ergänzen diese Skala der Erhaltungsgrade mit weiteren Zwischenstufen. So werden beispielsweise die Bewertung „vorzüglich“ mit ein + oder einem – gekennzeichnet, wenn der Erhaltungsgrad nicht exakt zutrifft.

Anders als in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es in Europa bisher keine zentrale Organisation, die die Bewertungsskala einheitlich festlegt. In den USA haben sich zwei private Unternehmen, die Numismatic Guarantee Corporation (NGC) und der Professional Coin Grading Service (PCGS) etabliert. Beide bieten die Bestimmung des Erhaltungsgrades als Dienstleistung an.

Den Erhaltungsgrad von Münzen exakt zu bestimmen ist nicht immer möglich. Während es bei Münzen, die unmittelbar nach der Prägung in eigens dafür vorgesehene Behältnisse verpackt werden, in der Regel keine Meinungsverschiedenheiten gibt, gehen die Meinungen bei Münzen, insbesondere dann, wenn sie zwischen zwei verschiedenen Bewertungsstufen liegen, auch bei Fachleuten auseinander. Jeder Bewerter sieht die Münze im wahrsten Sinne des Wortes mit anderen Augen. Diese subjektive Komponente ist nicht auszuschalten.